In diesem Bericht, dem 7. und letzten für diesen Aufenthalt, geht es um
- Lehrerfortbildung
- Vorträge für Frauengruppen
- Einrichtung einer Behindertenschule und einen
- Toilettenanbau
Liebe Familie, Freunde und Kollegen,
dieser Bericht handelt von einer höchst arbeitsintensiven aber interessanten Schlussphase unseres Aufenthalts. Einerseits kamen jetzt endlich die Dinge ins Rollen, die wir schon die ganze Zeit anstrebten, die aber in diesem Land entweder seine Zeit benötigen oder die man halt mit mehr Druck durchsetzen muss – andererseits war dies soviel auf einmal, dass wir unter dem Zeitdruck der noch verbleibenden wenigen Tage doch mächtig ins Schwitzen kamen – und das auch wegen der vorherrschenden Hitze.
Wir erhielten von unserer NGO in Deutschland den Auftrag, im unteren Stock unseres Hauses oben im Bergdorf Backhal die Räume für eine Behindertenschule zu planen und einzurichten – und dies mit einem Etat von 450,- Euro. Nun ist dies für Brigitte normalerweise ein Zuckerle, aber hier wollte sie ein paar mal dann doch schon aufgeben.
Zum einen muss man zum Einkaufen zumindest nach Dulegora fahren, oder aber nach Pokhara – in diesem Falle beides. Dafür brauchen wir den Jeep, der von Pokhara geordert werden muss und mindestens ein bis zwei Leute von der nepalischen Partner-NGO – und das alles übers Telefon mit einhergehenden Missverständnissen, da nur wenige einigermaßen Englisch sprechen – und wenn, dann mit nepalischer Aussprache, die für uns auch nach vielen Monaten noch oft schwer verständlich ist.
Also ging es bei den ca. 7 Einkaufstouren, die wegen der schwierigen Fahrbedingungen einen Tag dauern, nun noch turbulenter zu: welche Länge/Farbe/Material – der Verkäufer spricht kein Englisch, falsche Übersetzung – noch ein Versuch: zum Verzweifeln – … wie, das gibt’s nicht? Bei uns in Deutschland haben wir doch …, ok, nicht nicht vergleichen … was tun wir jetzt ?? …!!!
Einkauf mit Anita und Jaganath in Pokhara. Da unsere Einkäufe lange andauerten, wurden uns Tee und ein kleiner Imbiss angeboten …
… und draussen auf der Strasse wurde nach den Preisverhandlungen dann ausgemessen und zugeschnitten.
… endlich waren wir froh, annähernd das gefunden zu haben, was wir uns vorgestellt hatten …
Schließlich muss alles auf dem Jeep verstaut und befestigt werden
Bei dem knappen Etat und den „perfektionistischen“ Ansprüchen von Brigitte lernte sie sehr schnell, um die Preise zu kämpfen und wurde immer besser. Am Schluss fragten unsere nepalischen NGO-Leute dann, ob sie ihnen bei ihren privaten Einkäufen beim Handeln auch helfen könne. Sie waren hauptsächlich zum Preisverhandeln (bargaining) mitgekommen, weil man den Ausländern normalerweise viel mehr Geld abknöpft.
Unser Shopeigentümer und seine Frau waren gefordert, …
… verhandelte ich doch nach jedem neu ausgesuchten Stück um einen neuen Discount :-). Mein „mahango“ (zu teuer) ging ihm glaube ich ziemlich bald auf den Geist :-(.
Da nepalische Männer in der Regel gerne und viel reden, war dies natürlich ein Geduldspiel. Nebenher gab es da noch die Einkaufsliste für die Zwillingsmutter und die Mutter des blinden Babys abzuwickeln – auch diese Dinge gibt es nicht im Dorf zu kaufen.
Schließlich ging es dann mehrfach mit vollbepacktem Jeep auf die Heimfahrt – ein“ Ritt“ von jeweils knapp 2 Stunden. Und dann müssen die eingekauften Sachen für die 2 Mütter noch in die Bergdörfer ausgeliefert werden (z.B. Matratzen, weil die alten von Ungeziefer befallen waren) … und dies bei schlammigen, rutschigen und ungeteerten Bergstraßen.
Ein Gewitter überraschte uns auf dem Weg in das Bergdorf Bangrang, …
… es hagelte und regnete wolkenbruchartig. Manu unser Fahrer war stark gefordert, er musste mehrfach anhalten und wieder zurückstoßen, weil die Reifen aufgrund der Wassermassen nicht greifen konnten … juhu, da ist mein Herz mehrfach in die Hose gerutscht … war auf jeden Fall spannender als Karussell fahren :-(
Die Freude unserer beiden Mütter (vom blinden Baby und der Drillinge, jetzt Zwillinge) war jedenfalls groß, als wir die benötigten Sachen (Decken, Kissen Matratzen, Moskitonetze usw.) auslieferten.
Dann ging es ans Ausmisten, Putzen und Einrichten der 3 unteren Räume für die Behinderten. Dass wir jetzt gerade mal 3 Tage vor der Abreise nach Kathmandu doch noch fertig würden, hätten wir uns nicht träumen lassen, da wir ja, wie oben schon erwähnt, noch weitere Aktivitäten im Tagesablauf eingebaut hatten. Aber dank unseres fleißigen und geschickten Helfers Keshar, der nebenbei so was wie Hausmeister ist, können wir Euch nun die fertigen Räume für die behinderten Kinder präsentieren.
Unsere neue Küche …
…vorher …
… nachher :-)
Unsere Dorfkinder waren begeistert und wollten immer und überall dabeisein.
Selbst frische Farbe am Boden im Eingangsbereich konnte sie nicht abgehalten. Die Beweise in Form farbiger Fußabdrücke überall können vorort besichtigt werden :-)
Der neue Schlafraum (die Betten fehlen noch) …
und die Kuschelecke im Trainingsraum.
Und dies ist unser neuer Trainingsraum / Gruppenraum.
Es ist geplant, die behinderten Kinder aus dem umliegenden Gebiet an Wochenenden mit dem NGO-Jeep abzuholen und zu schulen incl. Verpflegung und Übernachtung. Geschult und betreut werden sollen sie von einer noch speziell auszubildenden Grundschullehrerin aus Backhal. Außerdem ist angedacht, die Mutter des blinden Kindes – Witwe ohne Ausbildung und Einkommen – hier als Helferin anzulernen und zu beschäftigen.
Ich (Brigitte) konnte die neu eingerichteten Räume auch schon nutzen und meinen 2. Vortrag in women’s health care vor einer Müttergruppe mit ihren Kindern aus der Umgebung von Bhakkal abhalten. Die Frauen waren von den Räumlichkeiten begeistert, kommen sie doch durchweg aus armseligen Behausungen ohne jeden „schnick-schnack“. Leider haben wir nach dem Vortrag die Räume gründlich reinigen müssen. Es scheint, als hätten unsere Frauen nie gelernt, mit neuen Anschaffungen sorgsam umzugehen :-(
Die Veranstalter der ersten Vortragsreihe in Frauengesundheit Phoolbarri e.V.: Sr. Sunita, ich und eine der vielen schwangeren jungen Dorffrauen.
In der Pause gab es Tee und Kekse, welches die Veranstalter (wir) ebenso wie Hefte und Stifte zum Mitschreiben als Anreiz zur Verfügung stellen müssen
Dieses Frauen-Projekt kam jetzt nach etlichen organisatorischen Schwierigkeiten schlussendlich noch zu einem erfolgreichen Abschluss. Nachdem schon im Vorjahr eine Fragebogenaktion zur lokalen Frauengesundheit durchgeführt, übersetzt und ausgewertet worden war, waren in diesem Jahr die Information darüber sowie Schulung in Prävention und Behandlungsmöglichkeiten dieser Krankheiten vor allem für Mutter und Kind auf dem Plan. Hier war die Hauptschwierigkeit die Organisation dieser Veranstaltungen, da die Frauen sehr verstreut und entlegen wohnen und zudem, in harter Tagesarbeit gebunden, schwer abkömmlich sind. Aber auch diese Probleme konnten noch rechtzeitig gelöst werden und so gab es die 1. Veranstaltung (mit 30 Frauen und Kindern) im Phoolbaari-Hospital und die schon erwähnte 2. in den neuen Räumen unseres Wohnhauses.
1. Vortrag, nach kurzer Vorstellung von Dr. Durga …
übernahmen wir und schulten unsere Dorffrauen im Krankenhaus in Sankhe 2,5 Stunden in Frauengesundheit.
Die letzte Veranstaltung (mit 35 Frauen und Kindern) folgte nun 1 Tag vor Abreise nach Kathmandu in einem entlegenen Dorf hoch oben in den Bergen.
3. Vortrag in Bangrang: Im Bild Ambika, eine der“Female volonteer helpers“. Sie ergriff nach unserem Vortrag das Wort und informierte die Frauen noch über Sterilisationsmöglichkeiten.
Immer mehr Frauen kamen mit ihren Kindern zum Vortag.
Gespannt lauschten junge Mütter mit ihren Kindern und Grossmütter mit ihren Enkeln unseren Ausführungen.
Auch unsere Jüngsten wollten dabei sein und nur ein Stuhl vor der Türe konnte sie hiervon einigermaßen abhalten.
Wir erhielten nach unserm Vortrag gute Rückmeldungen von unseren Frauen :-)
Mit dem Versprechen wiederzukommen, machten wir uns auf den Weg nach Hause (für mich 1,5 h Fußweg mit Ausrutscher und Fußverletzung).
Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Dr. Durga vom Phoolbaarihospital, welcher den english ausgearbeiteten Vortrag auf nepalesisch übersetzte sowie an Sr. Sunita Gurung, welche simultan übersetzte.
Internationale Zusammenarbeit …
… und das Ergebnis konnte sich sehen lassen!!
Sr. Sunita wurde mit jedem Vortag selbstsicherer und wir haben besprochen, dass sie weitere Themen des Vortags (z.B. Säuglingspflege und Hygiene) aufgreift und mit den Frauengruppen vertieft. Geplant ist auch, dass unsere neue Volontärin Nadja (Kinderkrankenschwester) mit einsteigt.
Ungewöhnlich und schlecht verständlich war es für die „interessierten Männer“, von den Vorträgen ausgeschlossen zu werden.
Wenn Themen in Frauengesundheit wie Menstruation und Uterus Prolaps etc. besprochen werden, sind männliche Zuhörer nicht unbedingt erwünscht :-). Zudem verstummen die Frauen leicht bei Anwesenheit von Männern. Interessant waren für mich die Fragen und Rückmeldungen der Frauen während und nach den Vorträgen. Grundwissen über fruchtbare Tage sowie über die Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane usw. fehlt jedoch gänzlich. Wie die Umsetzung der Empfehlungen (z.B. Hygiene) erfolgt, bleibt vorerst offen. Hier müsste unbedingt weiter vertieft und trainiert werden.
Nun war parallel zu diesen Aktivitäten auch noch die Bitte an uns, besonders an Herbert, herangetragen worden, einen Toilettenanbau an unser Haus zu planen und bei einem Budget von rund 1.000,- E Angebote einzuholen. Auch hier waren wir mit unseren Phoolbaari Leuten unterwegs in Pokhara und der Ablauf war wie schon oben beschrieben. Die Steigerung war am vergangenen Samstag die Vorort-Besprechung mit zusätzlich noch den Handwerkern- einem Flaschner und dem Schreiner (angetrunken) mit seinem Gehilfen. Da wurde diskutiert und gemessen und gemessen und diskutiert. Auch ich (Herbert) durfte mich immer wieder einbringen, was aber ohne Übersetzer natürlich wieder ein Hick-Hack war. Am Ende gab es verwunderlicherweise dann doch eine einheitliche Lösung und so kann mit dem Bau hoffentlich bald begonnen werden.
Nun noch zu den Lehrerfortbildungen an drei Schulen.
Seit geraumer Zeit hatte ich immer wieder versucht, an den beiden staatlichen Schulen in Chhabbdi und Sannkhe die Schulleitungen zu überzeugen, dass es mehr bringt, wenn er die Lehrer im Unterricht besucht und hinterher berät als selbst zu unterrichten. Ich wies auch wiederholt auf die Möglichkeit hin, das gesamte Kollegium über neuere und modernere Lehrmethoden zu informieren und zu schulen. Natürlich wollte ich mich nicht zu sehr aufdrängen und den Besserwisser spielen. Da ich aber nach etlichen Unterrichtbesuchen – bei denen ich auch als Co-teacher mitmischte (auch schon im letzten Jahr) – wusste, wie wichtig doch die Verbesserung der Methoden ist, wollte ich nicht mehr länger zuwarten
So ging ich, wie schon berichtet, an die Klosterschule, an der dies sehr gut klappte und nach der Rückkehr stellte ich klar, dass ich entweder fortbilde, oder mich woanders hin orientiere. Und siehe da – dies wirkte. Zwar musste man in Sankhe erst einen Termin finden – eine Woche später!
Das war mir dann doch zu lang, da nur noch eine gute Woche verblieb: und so schaute ich mich im Internet nach Privatschulen in Pokhara um. Es ergab sich sehr schnell ein Kontakt und schon am nächsten morgen ging es dort mit vollem Programm los.
Nun erfuhr ich schon bei der schnellen, zielstrebigen Abwicklung den großen Unterschied zwischen staatlichen und privaten Schulen in diesem Land. Was ich dann in eineinhalb Tagen an dieser Schule erlebte, zeigte mir ganz klar den Klassenunterschied zwischen diesen beiden Schularten und zwar in allen Bereichen: Einrichtung und Ausrüstung / Lehrerqualität und –motivation / Schulleitung / und folglich auch bei den Schülern.
Im Übrigen wird hier sämtlicher Unterricht, außer Nepalisch natürlich, in Englisch gehalten. Das von den Schülern zu zahlende Schulgeld (für unsere Verhältnisse relativ gering) liefert natürlich bessere Rahmenbedingungen als bei staatl. Schulen, aber ansonsten sind sie als Schularten gleich- es gibt also keine verschiedene Schularten wie bei uns.
Bei meiner persönlichen Vorstellung bei der üblichen „assembly“ wurde stark übertrieben, so dass ich mir wie ein Kultusminister vorkam.
Was ich an Unterricht sehen konnte, war erheblich besser, aber auch hier der vorherrschende Stil: Frontal von der Tafel und überwiegend Lehrervortrag mit Abschreiben des Tafelaufschriebs.
So wurde mein Vortrag nach Ende des Schultags um 16.00 Uhr vor dem gesamten Kollegium über bei uns gängige Lehrmethoden wie Gruppenarbeit, Pairwork, problem solving bis hin zu Projektarbeit mit großem Interresse verfolgt.
Keine Verständigungsprobleme – alle Lehrer sprechen/verstehen Englisch
Am nächsten Morgen gab es dann auch noch viele Fragen in und nach den besuchten Stunden. Als Abschluss hielt ich dann in Kl. 10, der Klasse des Rektors (Englischlehrer), noch eine Stunde, in welcher ich eine Projektarbeit (3-4 Stunden) in Gruppenarbeit zur Veranschaulichung des Theorievortrags vorstellte.
Input zur Projektarbeit- auch die Schüler verstehen mich (im Gegensatz zu den staatl. Schulen)
Vermutlich die erste Gruppenarbeit an der Schule- bei dem fest installierten Banksitzsystem musste kurz improvisiert werden.
In der Mittagspause gab es dann noch eine Instruktion für die Englischlehrer über Vocabulary-learning und speaking-methods: 2 von nepalischen Schulen stark vernachlässigte Bereiche. Dann ging es auf dem Rücksitz von Schulleiter’s Motorrad zurück zum Hotel wo Familienleiter Brigitte und Schulleiter Min noch einen angeregten Erfahrungsaustausch über Leitungsfragen hinzauberten.
Von diesem Erfolgserlebnis aufgeputscht, hielt ich – zuerst in Sankhe und dann auch noch in meiner eigentlichen Stammschule Chhabbdi innerhalb weniger Tage die (nun schon gut ausgearbeiteten) Vorträge.
Hier die letzte Schulung vor den Kollegen in Chhabbdi: vermutlich verstehen nur die Hälfte den Vortrag wegen schlechter Engl. Kenntnisse – Der Schulleiter fehlt (… wie fast an jedem 2. Tag)
Was ich hierbei persönlich lernen konnte, war: Man darf in diesem Land nicht warten, bis man angebotene Hilfe (außer bei Geld) organisiert bekommt, man muss die Dinge schon selbst in die Hand nehmen. Natürlich fehlt die zu Beginn vertändelte Zeit jetzt – wo ich abreisen muss – um diese vorgestellten Methoden mit den Lehrern einzuüben. Naja, vielleicht gibt es ja ein nächstes mal??
Wir sind jetzt also beide sehr froh, dass wir doch noch einiges von unseren Vorhaben durchbringen konnten und freuen uns daher umso mehr, Euch in einer guten Woche etwa zuhause wiedersehen zu dürfen. Morgen, Mittwoch geht es nach Kathmandu und dort wollen wir noch ca. 4-5 Tage trekken gehen.
Also dann richtet schon mal alles her für den großen Empfang „back home“.
Eure
Brigitte und ??? war da sonst noch jemand?
… na logo, Du mein Schatz Herbert fehlst noch :-)
… ach ja, dann waren wir auch noch auf Hochzeit von Dr. Saroj (ehemaliger Phoolbaari Doctor) in Pokhara eingeladen….. Leute, es gibt noch sooo viel zu erzählen …….. :-)
Hallo Brigitte und Herbert,
habe eure Berichte über Nepal, nebst Trekking-Touren und Indien Trip von A bis Z gelesen.
Euer Engagement vor Ort ist einfach nur zu bewundern. Vor allem unter Berücksichtigung der teilweise doch recht rustikalen und erschwerten
Bedingungen.
Hut ab, macht weiter so.
Ganz liebe Grüße von Walter und Milka