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Liebe Familie, Freunde und Kollegen,
heute wollen wir Euch von unseren Zwillingen, ehemals Drillingen, und unserem neuen Sorgenkind, einem blinden Baby, berichten.
Noch während des Festivals trafen wir unsere Zwillingsmutter und waren sehr glücklich, alle wohlauf anzutreffen. Die Patenschaft über unsere Kerstin W. und uns machten dies möglich.
Da unser Festival unsere Zeit völlig in Anspruch nahm, hatten wir nur wenig Zeit für sie. Zudem spricht die Mutter kein Englisch und mit unseren dürftigen Kenntnissen in Nepalesisch und Handzeichen vereinbarten wir einen Besuch bei der Familie in einem Dorf in den Bergen.
Vielleicht muss an dieser Stelle mal erklärt werden, was unter Bergdorf zu verstehen ist und in welcher Region Nepals wir uns hier befinden.
Eigentlich gibt es hier nur wenige richtige Dörfer. Diese sind meist im Tal und bestehen aus wenigen Häusern und ein paar Läden sowie 2 bis 3 „Kneipen“, die aber weit von unserer Vorstellung einer solchen abweichen: eine Feuerstelle, manchmal als Gaskocher, ein paar Tische und Bänke und 2-3 Gerichte sowie Tee, Bier und Schnaps und das alles in den hier üblichen „Hütten“. In größeren Dörfern gibt es dann meist noch eine Schule und manchmal einen Health Post mit Apotheke.
Die eigentliche, vorherrschende Besiedelung erstreckt sich über fast das gesamte hiesige Bergland und besteht aus kleinen, landwirtschaftlichen Höfen, die mal in kleinen Gruppen zusammenstehen, oder- meist hoch am Berg – isoliert und abgelegen sind. Die Felder sind im Tal flächiger und mit Reis oder Mais selten mit Weizen angebaut und werden, je höher und steiler der Berg, kleiner und karger.
Dabei ist das Klima überall sehr günstig für Anbau, da die Höhenlage zwischen ca. 550 und ca. 1500 m beträgt und die Temperaturen fast das ganze Jahr über Wachstum ermöglichen (selbst Bananen oben am Berg).
Leider ist das Einkommen so niedrig, dass man keine fortschrittlichen Geräte oder gar Maschinen kaufen kann. So sind der Holzpflug und die Sichel nach wie vor die Hauptwerkzeuge und das Haupttransportmittel die aus Bambusstreifen geflochtenen und auf dem Rücken getragenen Körbe, welche fast ausschließlich von Mädchen und Frauen mittels eines an der Stirn angelegten Bandes mit häufig sehr schweren Lasten die Berge hoch- und runter geschleppt werden.
Diese Landschaft, in der wir tätig sind, verändert sich nach Norden zum nahen Himalaja hin ständig, da die rasch zunehmende Höhe unterschiedliche Temperaturen in den hohen Bergen bis zum ewigen Eis hin mit sich bringen. Die Entfernung zum 8.000m hohen Annapurnamassiv beträgt in Luftlinie gerade mal ca. 40 km und so haben wir bei klarer Sicht einen beeindruckenden Blick auf diese Riesen.
Nun aber zurück zum Geschehen hier vor Ort.
Während des Spendenfestes wurden wir von einer weiteren Bergfamilie um Hilfe gebeten. Ein etwa einjähriges Baby wurde ins Hospital gebracht (ca. 1 h Fußweg), welches seit 2 Tagen unentwegt geweint hatte. Dr. Durga stellte eine massive Unterernährung, eine Entwicklungsverzögerung und eine Erblindung (wahrscheinlich links vollständig, rechts teilweise) fest.
Der Vater der Familie war 2 Tage zuvor verstorben. Er war Schwerstalkoholiker und im Hospital bekannt. Er war mit seinen 29 Jahren an einem schweren Leberleiden (Leberzirrhose) erkrankt. Eine Tante und die älteste Tochter der Familie waren mit dem Baby vorstellig. Unklar ist noch, ob auch eine geistige Beeinträchtigung vorliegt.
Lt. Dr. Durga hat das Baby gute Chancen in einer Augenklinik in Kathmandu seine Sehkraft mittels einer Augenoperation, zumindest teilweise, wieder zu erlangen. Da die Familie völlig mittellos ist wurden wir um Hilfe gebeten.
Auch hier vereinbarten wir einen Hausbesuch nach der Festwoche, um mit der Familie die Einzelheiten zu besprechen.
Zu Hause bei der Familie unserer Zwillingsmutter
Zusammen mit Dr. Durga und der Sister Susila machten wir uns auf den Weg. Manu, unserer Ambulanzfahrer, kam hier voll zum Einsatz. Auf dem Weg hatten wir einen Platten und ein Reifen musste gewechselt werden.
Persönlich bevorzuge ich ja Wanderungen in der Berggegend rund um Sankhe und vermeide wenn möglich jede Fahrt mit dem Jeep. Bei den sehr heißen Temperaturen im Moment fährt unser Phoolbaaristaff aber lieber mit dem Auto. Aufgrund des platten Reifens kam ich dann doch noch auf meine Kosten und wir mussten den Rest des Weges zu Fuß bestreiten.
Leider konnten wir die Mutter nicht antreffen. Sie war in der umliegenden Gegend unterwegs um Grünzeug für das Vieh zu beschaffen.
Oma und Opa versorgten zwischenzeitlich die 3 Kleinkinder (zu den Zwillingen gibt es einen knapp 3 jährigen älteren Bruder).
Während unser Dr. Durga und Sr. Sunita die Krankenunterlagen prüfen (das Mädchen hatte erst kürzlich eine Bluttransfusion bekommen) …
konnte ich die Schlafräume einsehen.
Nur ein kleiner Schlafraum steht der Mutter und ihren 3 Kindern zur Verfügung. Zusammen wird ein Bett geteilt. Unvorstellbar für mich, wie die Mutter hier nach ihrem Krankenhausaufenthalt mit ihren drei Frühchen „gelebt“ hat.
Leider sind die Kinder (und wahrscheinlich auch Mutter) mit Flohstichen übersäht. Das komplette Bettzeug muss hier als Nächstes ausgetauscht werden. Am Eingang des Schlafraums hängt ein Bild des Vaters der Kinder, welcher wie viele Nepalis in Saudi Arabien Arbeit gefunden hat. Meist finden die Ehemänner nur in den angrenzenden Nachbarländern bei geringer Entlohnung Arbeit. Sie besuchen ihre Familien sehr unregelmäßig, oftmals nur alle 2-5 Jahre.
Soweit, so gut. Wir vereinbaren ein neues Treffen mit der Familie. Wir wollen mit der Mutter einen Weg finden, um die hygienischen Notwendigkeiten (neues Bettzeug einkaufen, wie sauber halten, neue Kinderkleider usw.) zu klären.
Zu Hause bei der Familie des blinden Babys
Wir wurden bereits sehnsüchtig von der Mutter (oben im Bild mit ihrer 2. Tochter) erwartet. Mit der 29-jährigen Witwe und ihren 3 Kindern (13, 10 und 1 Jahr), leben der Großvater (Vater von insgesamt 9 Kindern) und zwei alleinerziehende Schwägerinnen (ihre Ehemänner, Brüder des Verstorbenen, haben ihre Frauen verlassen und sind zum Teil wieder verheiratet) zusammen. Die Großfamilie ist bitter arm und bewohnt zusammen zwei eng zusammengebaute Wohnhäuser. Gelebt hat die Familie bisher vom Ertrag der gepachteten Felder, wobei unklar ist, wie viel die Familie aufgrund der Alkoholerkrankung des Vaters tatsächlich zur Verfügung hatte.
Stirbt ein Mensch in Nepal, so wird versucht, ihn oder sie noch am selben Tag zu bestatten. Der Leichnam wird am Fluss verbrannt und die Asche dem Wasser übergeben. Die Witwe verbleibt die Trauerzeit über im Haus und es ist ihr untersagt, dieses zu verlassen. Wie auch in Indien war es in Nepal lange Brauch, dass die Ehefrauen ihren Männern in den Tod folgen mussten.
Während der darauf folgenden 13 Trauertage ist die Witwe „unberührbar“, d.h., sie darf nicht berührt werden. Geglaubt wird, dass der Geist des Verstorbenen noch 13 Tage bei der Familie und nahe der Ehefrau verweilt. Ein Priester kommt in der Trauerzeit und betet mit der Familie für den Verstorbenen. Die Trauerkleidung ist im Gegensatz zu unserer Kultur weiss. Sie darf in den ersten 13 Tagen nicht genäht werden. Von der Witwe wird erwartet, dass sie den Rest ihres Lebens Trauerkleidung trägt.
Geplant ist eine baldmögliche Augen-OP in Kathmandu. Die Finanzierung steht aber noch nicht. Wir rechnen in etwa mit OP Kosten von 500 Euro (in einem staatlichen Krankenhaus, in einer Privatklinik wären die Kosten ca. 3 mal höher). Hinzu kommt die Fahrt und die Verpflegungs- und Übernachtungskosten. Kathmandu ist ca. 250 km vom Bergdorf entfernt. Auch bei dieser Familie wollen wir noch die hygienischen Zustände verbessern. Neues Bettzeug und Babykleidung sind dringend erforderlich.
Dr. Durga, welcher sich derzeit in Kathmandu (Kurzurlaub) aufhält, wird uns kommende Woche in Kathmandu erwarten und uns in die Augenklinik begleiten.
So liebe Familie und Freunde, das war es mal wieder für heute. Wir werden bald berichten wie es weiterging,
Eure Brigitte mit Herbert
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