Liebe Familie, Freunde und Kollegen,
heute wollen wir Euch über unseren Klosteraufenthalt berichten.
Nach unserer kurzen Trekkingtour, über welche wir zuletzt berichteten, ging es in die buddhistische Klosterschule, in welcher wir schon vergangenes Jahr tätig waren.
Sie liegt 6 km nordöstlich von Pokhara am Ende des Fewa Sees. Zu Fuß können wir also in ca 1 h in die Stadt gehen, die Nepalis laufen natürlich schneller. Etwa stündlich fährt hier auch ein Bus, der aber meist so überfüllt, holprig und langsam ist (30 min.), dass man gerne auch zu Fuß geht.
Neu hinzu kam zwischenzeitlich ein Basketballplatz und daneben wird gegenwärtig eine neue, größere Küche mit Speisesaal angebaut. Fertigstellung ist voraussichtlich im August. Dadurch gibt es im Hauptgebäude Raum für mehr Klassenzimmer und mehr und geräumigere Schlafräume. Dann können mehr Schüler aufgenommen werden, was sehr wichtig ist, da die Warteliste der armen Familien im hoch gelegenen tibetischstämmigen Mustang sehr groß ist.
Hierzu der Hintergrund zum Bau einer buddhistischen Klosterschule von Tibetern inmitten von hinduistischen Nepalis:
Die Heimat der Mönche und Kinder ist das „Königreich Mustang“, welches im Norden des Annapurnamassivs auf einer Hochebene von ca. 3000 bis 4000 Metern liegt. Es grenzt direkt an das von China besetzte Tibet und hat einen Sonderstatus in Nepal. Es wächst dort außer Steinen und Felsen nur wenig und die Ernte im kurzen Sommer muss für das ganze Jahr reichen. Die tibetischstämmige Bevölkerung hat sich vor ca. 600 Jahren dort angesiedelt und hat eine alte buddhistische Tradition, was wir auch hier im Kloster miterleben dürfen.
Da die Hauptklosterschule in Mustang wegen des langen und harten Winters fast ein halbes Jahr geschlossen sein musste, hat der Leiter des Klosters, Kenbola, vor einigen Jahren im südlichen Pokhara einen Platz für eine Schule gefunden, die das ganze Jahr über in Betrieb sein konnte. So wurde vor 2 Jahren die Schule gebaut und wir durften letztes Jahr bei der feierlichen Eröffnung dabei sein – wir berichteten damals bereits darüber.
In der Schule in Mustang werden zur Zeit etwa 20 Jungnonnen unterrichtet. In unserer Schule werden ca. 65 Schüler zwischen 5 und 17 Jahren in 7 Klassen in den Fächern Tibetisch, Nepalisch, Englisch, Science, Social studies und Maths je einstündig täglich unterrichtet. Dann stehen noch 2 Stunden „Volunteer“ für jede Klasse täglich im Stundenplan. Die Schule bietet für diese „Freiwilligen Ausländer“ Unterkunft und Verpflegung für einen geringen Betrag an. Das Essen ist sehr schlicht (überwiegend Reis mit Linsensuppe und eine kleine Portion Gemüse mittags und abends) aber die Unterkunft kann sich gut mit den hiesigen Mittelklassehotels messen. Die Volunteers sind meist junge Leute, die nach Schule oder Studium die Welt bereisen und die meist in Englisch eingesetzt werden aber auch alles Mögliche Andere mitbringen. Durch diese permanenten, vielseitigen Anreize sind die Schüler höchst interessiert an allem und mit Feuereifer dabei.
Darf ich vorstellen: dies ist Kembola, der Gründer der Klosterschule in Mustang und Pokhara/Bakhunde.
Er ist meist unterwegs in Singapur und Malaysia und unterrichtet dortige Buddhistengruppen in Dharma (Buddha’s Lehre) – als Gegenleistung gibt es Spenden.
Kembola ist auch regelmäßig in Mustang und in einigen Tagen wird er mit den Mönchsschülern von hier nach Mustang aufbrechen, um dort einen Monat zum Teil als Heimatbesuch aber auch zum Ausüben traditioneller Rituale in verschiedenen Dörfern zu verbringen.
Gemüse (nur Kohl, wenn‘s finanziell eng wird) und Linsensuppe, zwei mal täglich … und manchmal auch Timo (tibetanische Hefebuchteln).
An diesem Tag feierte er seinen Geburtstag und wir verwöhnten ihm mit Organic Kaffee (welcher ihm viel zu stark war) und einem Geburtstagslied (hatten dies nur kurz eingeübt, dementsprechend „vielstimmig“ kam es dann auch rüber). Als Geschenk erhielt er zwei Buddhas gefüllt mit Münzen aus aller Welt.
Hier unsere Volontärin Asha aus Polen. Sie machte mit den Kindern viel Kreatives und verzauberte uns mit Gitarre und Gesang.
Wie sieht nun ein typischer Klosteralltag aus?
Der Tagesablauf unserer Mönchsschüler ist streng strukturiert. Die „daily routine times“ werden penibel eingehalten, an 6 Tagen in der Woche. Nur der Sonntag steht zur freien Verfügung, aber erst nach dem Morgengebet ab 7:00 Uhr morgens.
Wecken, aufstehen, waschen und Zähne putzen ist von 5:00-5:30 Uhr morgens – ein Blechhorn (Dhonchen) weckt unsere Kleinen und Großen (und uns) auf.
Von 6:00 bis 7:00 Uhr ist Gebetsstunde, begleitet von tibetischen Instrumenten und Mönchsgesang (Rolyang) … und Rezitieren von Gebeten (Revision of Dharma);
Von 7:00 bis 7:45 Uhr ist breakfast time.
Zweimal täglich (morgens und abends von 7:45 bis 8:45 Uhr) ist „Dharma memorization hour“, d.h. hier rezitieren sie gemeinschaftlich buddhistische Gebete. Dies ist für uns entspannend anzuhören – meditativ und im gleich klingenden Singsang.
Die erste Pause (refreshment break) ist von 8:45 – 9:15 Uhr morgens. Jetzt darf gespielt, gequatscht, gerannt oder auch einfach eine Auszeit genommen werden.
Auch der Zeremonienmönch – hier beim Ritual „Räume enträuchern“ – hat einen Freizeitler im Schlepptau (die „schlechte, verbrauchte Luft der Räume wird von dem Weihrauch nach außen transportiert).
Assembly hour: von 9:15-9:30 Uhr.
Nach 2 weiteren periods ist dann von 12:00 Uhr bis 1:30 Uhr „lunch hour“ und „nap time“.
Meist wird die Zeit nach dem Mittagessen zum Spielen und für sportliche Aktivitäten genutzt.
Hier organisierten die 2 Geschwister Lindsey und Robin aus USA eine Bowlingrunde mit Basketball auf Plastik-Wasserflaschen
Ich (Herbert) hatte die Sportlehrerfunktion …
… und war für den Feinschliff der Technik verantwortlich;
Von 1:30 Uhr bis 4:20 Uhr ist wieder Unterricht: 4 weitere „afternoon class periods“ mit einer Pause von 14.40-15.10: Tea break
Der Volonteer Unterricht ist vormittags und nachmittags in die regulären Unterrichtsablauf eingebaut.
Erstaunlich wie leicht die Kinder für alles Neue zu interessieren sind, naja sie haben ja auch noch keinen Computer ;-).
Nachdem alle Volontäre abgereist sind, übernimmt die „Englischlehrerin“ Brigitte bei den Kleinsten …
… auch in der Pause beim Lesen englischer Zeitungen sind sie mit Interesse dabei.
Ein Seil aus den USA mitgebracht: und schon gibt es Seilhüpfen – wen interessiert es schon, dass dies bei uns ein Mädchenspiel ist … hier gibt es ja keine.
Nach Unterrichtsende ist von 4:20-5:30 die große Pause.
Hier finden unterschiedliche Aktivitäten statt. Spielen, duschen oder Haare schneiden, zum Beispiel.
Einmal im Monat werden die Haare der Mönche „geschnitten“ und sie erhalten einen schicken Ultrakurzhaarschnitt. Aber nicht nur die Jungs, sondern auch die Nonnen (in Mustang) kommen in den Genuss dieser Rasur.
Warum rasieren sich die Mönche die Haare? Hierfür gibt es lt. Trinley zwei Gründe:
- Es wird keine unnötige Zeit mit Haarpflege verbracht, sondern die Zeit kann für wichtige Dinge wie beten und lernen genutzt werden.
- Das Aussehen der Mönche ist nebensächlich. Sie sind im Gegensatz zu uns „Normalsterblichen“ nicht eitel und bestrebt gut auszusehen. Wie viel leichter lässt es sich doch ohne Eitelkeit leben! (man beachte: diese Aussage kommt von meiner Frau)
Nach dieser langen Pause gibt es wieder Arbeit:
Die “Self study and homework time“ von 5:50 bis 6:45 Uhr.
Hier werden im Esssaal Hausaufgaben und Wiederholungen gemacht.
Von 6:45 – 7:00 Uhr ist Pause, dann gibt es Abendessen von 7:00 bis 7:45 Uhr. Zu spät kommen gibt es hier nicht, außer (manchmal) bei meinem lieben (?) Mann Herbert.
Nach dem Abendessen und während der „Revision of Dharma memorization“ von 7:45 Uhr bis 8:45 Uhr steht die medizinische Versorgung der mal mehr oder mal weniger Kranken an.
Und ab und zu gibt es Schürfwunden und Prellungen zu behandeln, denn mit den Mönchskutten ist Sport ja auch nicht so einfach. Auch wenn sich im Gegensatz zum letzten Jahr die Erkrankungen der Haut und Kopfhaut mit Pilzen, Scarbies und Ekzemen massiv verbessert haben, sind sie dennoch vorhanden und regelmäßig zu behandeln.
Thinley hat als Spezialist der tibetanischen Heilkunst nach unserer Abreise die allabendliche Versorgung im Krankenbehandlungszimmer übernommen.
Auch hier hat es Verbesserungen gegeben: Ein neues Regal, in welchem all die gespendeten Medikamente nun übersichtlich angeordnet sind und komfortable Behandlungsstühle.
Nun hat Trinley (endlich wieder) Verstärkung bekommen: ich helfe jeden Abend bei der Behandlung der großen und kleinen Mönche.
Der medizinische Einsatz dauert oft 2 Std. bis zum Schlafengehen – auch „Doktor Thinley“ wird verarztet.
8:45 bis 9:00 Uhr: Waschen und Zähneputzen … um 9:00 Uhr geht das Licht aus.
Doch nicht immer für uns Großen. Gemeinsam wurde abends gesungen, Gitarre gespielt und wild improvisiert. Nepalische, polnische und englische Lieder im Duett oder mehrstimmig wurden geboten. Speziell Kungsang und Asha faszinierten uns mit ihren musischen Fähigkeiten.
… auf dem Boden mit einer Bettdecke, Solarlicht und los gings … einfach wunderbar …
… auch wir gaben uns Mühe, doch konnten wir mit unseren Jungen nicht mithalten.
Leider stand schon bald der Abschied von Asha im Kloster an. Es gab Tränen und ein festes Versprechen im nächsten Jahr wiederzukommen.
Abends wurde dann Abschied in einem Nebenraum einer kleinen „Bar“ in der Nähe des Klosters gefeiert.
Hier habe ich mich wohl vergriffen – ohne Protest
… richtig gesellig und lustig war’s … sogar unser Trinley hat ein Ständchen zum Besten gegeben und gesungen haben wir bis tief in die Nacht hinein.
Zum Abschluss unseres Aufenthalts hier veranstalteten wir noch einen englischen Rechtschreibwettbewerb. Unsere Mönche aber auch die Lehrer waren mit Freude und Euphorie dabei.
Und am Rande angemerkt: unsere Mönche buchstabieren besser als manche deutsche Schüler.
Ach ja und da gibt es ja auch noch unsere im letzten Jahr gespendete Waschmaschine …
… schön eingepackt in eine Blechvorrichtung. Leider läuft sie nur, wenn Sonnenfinsternis ist – oder wenn in der Umgebung niemand Strom verbraucht (wenn er gerade mal an ist). Es wurde uns jedoch gesagt, dass bald die 3-adrige Leitung kommen soll, die das Problem beheben werde.
Dies war übrigens unser Zimmer im Kloster, wie schon erwähnt, sehr komfortabel. Wir hatten eine eigene Sitztoilette mit Dusche zur Verfügung. Welch ein Luxus im Gegensatz zu unserem Einsatzort in Bakhal / Sankhe.
Aus unserer augenblicklichen Sicht gibt es folgendes zu resümieren:
- Wir fühlen uns hier in dieser Klostergemeinschaft wie zu hause – wie in einer großen Familie – mit vielen glücklichen Kindern.
- Hier wird Gemeinschaft mit Disziplin aber freudig und wohlwollend gelebt und obwohl die Kinder von morgens bis abends stark gefordert sind, erscheint doch alles sehr leicht und froh.
- Den Kindern wird hier sehr viel geboten und wir sehen viele Fortschritte; sowohl in der Hardware (Erhalt, Erweiterung und Verbesserung der Einrichtungen), als auch in Bezug auf Bildung, Hygiene und Übernahme von Wissen und Anregungen von den Voluntären.
- Hier kommt ein Grundelement der buddhistischen Lehre- die Erweiterung des Wissens und des Geistes- zum Tragen und wird offensichtlich.
Nun noch ein Punkt: Der gesamte Unterhalt und Ausbau der Anstalt wird getragen durch Spenden. Alle buddhistischen Mönche leben von Spenden, das ist in buddhistischen Gemeinschaften so Tradition. Nur ist unser Kloster inmitten von Hinduisten und so ist es angewiesen auf Spenden von außen.
Wenn jemand etwas Gutes tun und hergeben möchte, so kann er, nachdem was wir hier erlebt und gesehen haben, vollkommen sicher sein, dass diese Hilfe hier ausschließlich und in vollem Umfang zur erfolgreichen Förderung von Kindern aus einer armen aber ethisch gefestigten Bevölkerung direkt ankommt. Wir merken hier direkt (z.B. am Essen), ob die Spendengelder gerade mehr oder weniger fließen.
Hier einfach für alle Interessierten die Kontakte und Infos zum Spenden:
Empfänger: Pal Ewam Namgyal Monastic School
Konto Nummer: 11 22 524 282277 01 4
Bank: Machhapuchhre Bank Ltd.
Anschrift: Naya Bazar, Pokhara, Nepal
Swift code: MBLNNPKA
Die Schule hat die offizielle staatliche Registriernummer: Govt. Regd. 417
www.namgon.org
info@namgon.org
Und was gibt es sonst noch zu berichten?
Wir hatten ein Treffen mit unserem Mr. Kul, welcher ein Waisenhaus in der Nähe des Klosters aufgebaut hat (wir berichteten 2011 schon darüber). Verzweifelt versucht er täglich in Pokhara, von Touristen aus aller Welt Spendengelder für sein Waisenhaus einzutreiben. Wir haben ihn und sein Orphanage mit Gerhard besucht. Dieser hat sich spontan bereit erklärt, eine neue Küche zu spenden.
Nach Rücksprache mit unseren Entwicklungshilfe-Experten vor Ort, Alex Schmidt und seiner nepalischen Frau (im Bild unten zu sehen), welche ein deutsch / nepalesisches Kinderdorf neben dem Kloster betreiben …
… müssen die Spendengelder vorerst zurück gehalten werden. Kul muss erst sein Waisenhaus als NGO registrieren lassen und die erforderlichen Papiere sowie ein Konto, auf den Verein zugelassen, nachweisen.
So Ihr Lieben, das war es für heute mal wieder,
bis bald,
Eure Brigitte und Herbert
Liebe Brigitte,
wie immer 1000 Dank dafür, dass ich an euren Abenteuern teilhaben darf. Und wie immer bin ich sehr beeindruckt. Ich selbst käme nie auf die Idee nach Asien zu reisen (mein Herz schlägt einfach für Africa) aber durch dich ist es mir, als würde ich mitreisen und mit erleben, also wie gesagt DANKE!
Und ich habe den Eindruck, dass auch du inzwischen etwas anders auf den Fotos ausschaust, als im letzten Jahr. Du hast viel erlebt und erfahren und das merkt man dir an.
Sag mal ganz ehrlich: Willst du wirklich im Sommer/Herbst wieder ins LRA zurückkommen? In diese ganz andere Welt, in diese Irrenhaus (manchmal)?
Na egal, ich freue mich auf jeden Fall dolle, dich wieder zu sehen und wünsche euch beiden noch eine gute Zeit und gesundheitliches Stabilisieren!
Good luck my dear
Baci Angela